Offene Beziehungen leben – Wege zu einer offenen Liebe
Ist dir die Idee der offenen Beziehung schon begegnet und hast du Fragen dazu? Oder hat die Möglichkeit der offenen Beziehungsgestaltung deine Neugier geweckt und du möchtest mehr darüber erfahren?
Alternative Beziehungsmodelle, wie die offene Beziehung, bekommen in unserer Gesellschaft mehr Sichtbarkeit. Das weckt Interesse und löst oft gleichzeitig ein Bündel an Emotionen und Fragen aus.
Zunächst mal zur Klärung: Was sind offene Beziehungen überhaupt? In einer offenen Beziehung haben beide Partner:innen die Freiheit, auch mit anderen Menschen sexuell aktiv zu sein. Das heisst konkret, Sexualität darf nicht nur in der romantischen Liebesbeziehung stattfinden, sondern auch ausserhalb, mit anderen Menschen. Unerlässlich dabei: Beide sind mit dieser Vereinbarung einverstanden und es wird regelmässig über das Erleben und Empfinden dieser Offenheit ausgetauscht.
Wenn du mehr über das Modell der offenen Beziehungen erfahren möchtest und was eine bewusste Beziehungsgestaltung ausmacht, findest du in diesem Beitrag spannende Informationen, die dir sicher ein paar wertvolle Antworten auf die brennendsten Fragen liefern.
Inhaltsverzeichnis
Was ist eine offene Beziehung - und was nicht?
Offene Ehe und offene Partnerschaft – wo liegt der Unterschied?
Offene Liebe: Wie Freiheit und Bindung zusammenpassen können
Offene Beziehung leben: Regeln, Kommunikation & Vertrauen
Offene Kommunikation und klare Absprachen als Fundament
Eifersucht in offenen Partnerschaften verstehen und bewältigen
Paartherapie bei offener Beziehung – wann ist sie sinnvoll?
Was ist eine offene Beziehung – und was nicht?
In einer offenen Beziehung haben zwei sich liebende und in einer verbindlichen Beziehung lebende Menschen die Vereinbarung, dass Sex und sexuelle Kontakte mit anderen Personen erlaubt sind. Emotionale Intimität, wie tiefe Verliebtheit, romantische Zuneigung oder intensive partnerschaftliche Nähe sind hingegen exklusiv der Liebesbeziehung vorbehalten.
Eine nicht mehr ganz monogame Beziehungsform, aber auch nicht ganz und gar offen ist monogamisch. Monogamisch ist eine Partnerschaft, die mehrheitlich monogam gelebt wird, gelegentlich aber Sex oder sexuelle Spielarten ausserhalb der Beziehung praktiziert werden. Ein Beispiel dafür wäre ein spontaner Kuss oder ein one-night-stand.
Swingen ist in einer monogamen Beziehung, wie auch in anderen Beziehungsformen möglich. Beim Swingen treffen sich Paare* mit anderen Paaren*, Einzelpersonen oder in Gruppen für sexuelle Aktivitäten. Während den sexuellen Kontakten mit anderen, sind die Beziehungspersonen gemeinsam im Raum oder auf einer Veranstaltung und nicht völlig getrennt.
In Abgrenzung zu offenen Beziehungen steht die Polyamorie. Polyamor lebende Menschen sind damit einverstanden, gleichzeitig mit mehreren Personen eine Liebesbeziehung zu führen, die sexuelle Intimität und emotionale Bindung einschliesst. In polyamurösen Beziehungen sind gegenseitiges Einverständnis und Transparenz ebenso wichtig wie in offenen Beziehungen.
Offene Ehe und offene Partnerschaft – wo liegt der Unterschied?
Gehen wir von der oben formulierten Definition einer offenen Beziehung aus, gibt es keinen rationalen Unterschied, ob zwei Menschen, die eine offene Partnerschaft leben, verheiratet sind oder nicht. Die Ehe verbindet zwei Personen auf rechtlicher Ebene mit unterschiedlichen Rechten und Pflichten, die ein Konkubinatspaar nicht betreffen. Wie ein Paar ihre Sexualität lebt, ob monogam oder mit Menschen ausserhalb der Ehe, sicherlich emotional relevant, rechtlich gesehen aber irrelevant.
Gehen wir von der oben formulierten Definition einer offenen Beziehung aus, gibt es keinen rationalen Unterschied, ob zwei Menschen, die eine offene Partnerschaft leben, verheiratet sind oder nicht. Die Ehe verbindet zwei Personen auf rechtlicher Ebene mit unterschiedlichen Rechten und Pflichten, die ein Konkubinatspaar nicht betreffen. Ob es sich dabei um eine traditionelle Ehe oder eine offene Ehe handelt – also eine Eheform, in der sexuelle Kontakte mit Dritten einvernehmlich erlaubt sind –, ist rechtlich unerheblich. Wie ein Paar ihre Sexualität lebt, ob monogam oder mit Menschen ausserhalb der Ehe, ist sicherlich emotional relevant, rechtlich gesehen aber irrelevant.
Komplexer wird die Situation, bei polyamoren Beziehungen. Die Ehe kann in der Schweiz nur zwischen zwei Menschen geschlossen werden, Ehen mit mehreren Personen sind nicht möglich. Nichtsdestotrotz bedeutet das nicht, dass Ehe und Polyamorie nicht parallel funktionieren können. Mehr Informationen zu Polyamorie findest du zum Beispiel auf der Website vom Verein Alternative Beziehungsformen.
Offene Liebe: Wie Freiheit und Bindung zusammenpassen können
Das Modell der monogamen Partnerschaft geht davon aus, dass Liebe und Sex fest miteinander verbunden sind. Sexuelle und emotionale Exklusivität in einer Beziehung geben Sicherheit, dass die Verbundenheit zwischen zwei Menschen einzigartig und besonders ist. Die meisten Menschen aus Ländern mit individualistisch geprägten Werten sind in die Strukturen serieller Monogamie hineingewachsen und damit sozialisiert. Eine offene Beziehung bietet auf den ersten Blick mehr Freiheit, aber wenig Sicherheit.
Konzepte wie offene Liebe – also die Vorstellung, mehrere Menschen gleichzeitig auf emotionale und/oder sexuelle Weise lieben zu können – fordern diese traditionellen Beziehungsnormen heraus. Und die Mehrheit von uns verfügt (noch) über wenig Erfahrung und Know-how in der Gestaltung dieser Beziehungsform – ganz einfach: weil wir es nicht gelernt haben.
Aber wie kann Liebe, emotionale Intimität und sexuelle Freiheit koexistieren? In einer offenen Beziehung verändert sich die Bedeutung von Sexualität. Sex bleibt etwas Intimes und Persönliches. Aber die Bedeutung, dass Sex ein Ausdruck von Liebe ist, wandelt sich – körperliche Nähe kann entstehen, ohne die Tiefe der Liebe zu berühren, die für den festen Partner oder die feste Partnerin da ist. Entsprechend relativiert sich diese Bedeutung auch in der Beziehung und es braucht andere Ausdrucksformen, um die exklusive emotionale Intimität und Verbundenheit zu pflegen.
Kommunikation, Vertrauen und die individuelle Gestaltung der ganz eigenen Form der offenen Beziehung sind wichtige Aspekte, wie eine nicht monogame Beziehung gelingen kann. Wesentliche Voraussetzung ist, dass Beide mit diesem Beziehungsmodell einverstanden sind. Dieses Einverständnis ist nicht immer ganz klar greifbar. Gefühle wie Eifersucht, Verlustangst, Unsicherheit und Zweifel sind ganz normal und werden in allen alternativen Beziehungsformen lebendig. Diese Gefühle müssen noch kein Beleg dafür sein, dass die offene Beziehung nichts für einen ist. Aber es braucht Offenheit in der Auseinandersetzung mit den eigenen Gefühlen, Bedürfnissen und Wertvorstellungen, um für sich persönlich herauszufinden, ob eine offene Beziehung eine Möglichkeit sein kann.
Wie ein Paar ihre offene Beziehung gestaltet, kann sehr unterschiedlich sein und muss allein den Wünschen und Vorstellungen dieser zwei Menschen entsprechen. Deshalb ist Kommunikation essentiell. Nicht nur über Strukturen, Regeln und die Organisation, sondern vor allem über das emotionale Wohlbefinden und persönliche Grenzen.
Wenn ein Paar ehrlich und transparent über Gefühle sprechen kann, schwierige Gefühle aushalten und einen wertschätzenden Umgang mit ihnen findet, ist die Beziehung wirklich offen. Emotionale Offenheit kann dann auch ein Ausdruck von exklusiver emotionaler Intimität und Liebe sein. Sie ermöglicht Sicherheit, weil Beide wissen, wo sie in ihrer Beziehung stehen. Und in der emotionalen Offenheit kann sich tiefe Verbundenheit und Vertrauen (weiter-)entwickeln.
Offene Beziehung leben: Regeln, Kommunikation & Vertrauen
Eine offene Beziehung ist für euch eine Option oder ihr habt euch schon für eine offene Partnerschaft entschieden und sucht nun konkrete Tipps, wie ihr diese gemeinsame Reise am besten plant und umsetzt? Eine Reise – und oft schon ihre Planung – ist verbunden mit Vorfreude, konkreten Vorstellungen und vagen Hoffnungen. Aber oft spielt auch eine Prise Unsicherheit mit, Angst vor potenziellen Gefahren und Zweifel am Vorhaben. Wenn ihr eine offene Beziehung leben wollt, ist die Planungsphase entscheidend. Nehmt euch viel Zeit und Raum, bevor ihr euch ins Abenteuer stürzt.
Hier findet ihr ein paar wertvolle Anhaltspunkte, die auf eurer ganz persönlichen Reise hilfreich sein können.
Offene Kommunikation und klare Absprachen als Fundament
Weil es keine klare Definition gibt, wie eine offene Beziehung geführt wird, muss jedes Paar* für sich selbst festlegen, wie ihre offene Beziehung aussehen soll. Diese Klärung ist grundlegend wichtig, um Missverständnisse und damit Verletzungen zu vermeiden. Zur eigenen Definition gehört auch, was sich jede:r von dieser Beziehungsform erhofft und welche Visionen und Wünsche damit verbunden sind - was nicht bei beiden gleich sein muss.
Beispiel: Eine Person wünscht sich sexuelle Fantasien auszuleben, die der/die Partner:in nicht umsetzen möchte, die andere Person erhofft sich ab und zu aus dem Alltag auszubrechen, neue Erfahrungen zu sammeln und damit wieder neue Impulse für den Alltag und die Liebesbeziehung zu erhalten. Beide Motive für eine offene Beziehung dürfen nebeneinander existieren und müssen sich nicht gegenseitig beeinflussen.
Ebenso müssen Unsicherheiten und Ängste von beiden angesprochen werden, damit individuelle Grenzen verstanden und gewahrt werden können. Beispiel: Die eine Person ist verunsichert, ob sie mit den anderen Sexualpartner:innen mithalten kann und hat Sorge, dass die/der Partner:in jemand anderes attraktiver finden könnte. Die andere Person hat Angst, dass sich das Risiko erhöht, dass sich ihr:e Partner:in in einen anderen Menschen verliebt, weil sexuelle Intimität nicht 100% losgelöst ist von Emotionen.
Aus diesen klärenden Gesprächen können Abmachungen und Regeln abgeleitet werden, die so lange gelten, bis das Paar diese gemeinsam wieder anpasst. Neben der Klärung der eigenen Definition ist nämlich ein weitere wichtiger Punkt, dass die Gestaltung einer offenen Beziehung ein Prozess ist. Entsprechend können Absprachen und Regeln stetig den Bedürfnissen des Paares angepasst und verändert werden.
Mögliche Punkte für klare Absprachen:
Wöchentliches Paargespräch
Wie lernen wir andere Menschen kennen? Onlinedating, Partys, Arbeit, Freundeskreis, etc.
Mögliches zeitliches Investment in andere sexuelle Kontakte - wie häufig und wie viele Treffen/Kontakte
Mögliches emotionales Investment - einzelne Kontakte, regelmässige Treffen mit der gleichen Person
Vor- und Nachbesprechung von Treffen/Kontakten - Wann, Wie, Wo und Inhalt
Vetorecht der Partnerin/des Partners
Transparenz der Beziehungsform gegenüber Familie, Freunden, Bekannten etc.
Eifersucht in offenen Partnerschaften verstehen und bewältigen
Eifersucht ist ein sehr komplexes Gefühl, es setzt sich häufig aus mehreren Emotionen zusammen, wie z.B. der Verlustangst, Scham, Neid, Misstrauen, sich zurückgewiesen oder ausgeschlossen fühlen oder auch der Angst nicht zu genügen. Diese Gefühle können in einer offenen Beziehung alle immer wieder lebendig werden. Auch wenn sich Eifersucht sehr unangenehm anfühlt, hat sie eine wichtige Schutzfunktion, wir könnten auch von einem emotionalen Frühwarnsystem sprechen.
Taucht Eifersucht auf, geht es deshalb in einem ersten Schritt darum, sie in einem ruhigen und ungestörten Moment zu zu lassen. Das Gefühl der Eifersucht muss Raum bekommen, damit die möglichen Gefühle dahinter hervortreten können. Denn ganz oft wissen wir nicht, warum wir genau jetzt eifersüchtig sind und brauchen deshalb Zeit, zu fühlen, welche Gefühle mit der Eifersucht verbunden sind. Haben wir diese Gefühle identifiziert, können wir uns damit auseinandersetzen, welche Bedürfnisse nicht befriedigt sind.
Beispiel: Eine Beziehungsperson fühlt sich eifersüchtig und entdeckt dahinter u.a. das Gefühl von Misstrauen.
Was braucht dieser Mensch, um das Misstrauen zu beruhigen und wieder ins Vertrauen zu kommen?
Vielleicht fehlt es an Kontrolle und Informationen? Da wäre vielleicht ein wöchentliches Paargespräch sinnvoll, um regelmässig in Verbindung mit der/dem Partner:in zu sein und zu wissen, wo er/sie steht. Oder das Vor- und Nachbesprechen von Treffen mit anderen muss umstrukturiert werden, damit auch emotionale Anteile genug Platz finden.
In einem zweiten Schritt geht es für die eifersüchtige Person darum, sich den unzureichend erfüllten Bedürfnissen zuzuwenden und Lösungen zu finden, wie sie wieder ausreichend berücksichtigt werden. Dabei kann es je nach Bedürfnis und Situation hilfreich sein, eigene Strategien für sich selbst zu entwickeln, oder den/die Partner:in mit einzubeziehen.
Als Partner:in von einem eifersüchtigen Menschen fällt es häufig leichter Verständnis und Geduld aufzubringen, wenn wir verstehen, dass es sich bei der Eifersucht um eine emotionale Schutzfunktion, ein sogenanntes Frühwarnsystem handelt. Wir sind nicht verantwortlich für die Eifersucht unserer Partnerin/unseres Partners, aber wir sind mitverantwortlich für eine stabile und wertschätzende Beziehung. Wenn Eifersucht aufkommt, passiert bei der betroffenen Person nicht selten auch eine Grenzverletzung. Entsprechend wichtig ist es für die Beziehung, die Bedürfnisse beider Beziehungspersonen Raum zu geben. Manchmal kann es dabei auch sinnvoll sein, in der Offenheit der Beziehung nochmal einen Schritt zurück zu gehen, eine Pause einzulegen oder andere Massnahmen zur Beruhigung der Situation zu entwickeln.
Was tun, wenn Grenzen verletzt werden?
“Deine Freiheit endet, wo meine Grenze beginnt”
Verletzungen passieren in jeder Beziehung. In einer offenen Partnerschaft werden Grenzen oft klar benannt und gesetzt. Objektiv betrachtet ist also alles klar. Nichtsdestotrotz kann es passieren, dass Grenzen nicht gewahrt werden, meist unabsichtlich und mit bestem Wissen und Gewissen.
Beispiel: Ein Paar vereinbart, dass sie sich nach einem Date mit einer anderen Person jeweils kurz telefonisch melden. Weil es unter der Woche und bereits nach Mitternacht ist, entscheidet sich der/die datende Partner:in, stattdessen eine Textnachricht zu schreiben. Die Beziehungsperson, die die Textnachricht erhält, erlebt dieses Vorgehen als Regelbruch. Die halbe Nacht kreisen ihre Gedanken um mögliche Interpretationen, wieso die Beziehungsperson sich nicht telefonisch gemeldet hat.
Wenn Grenzen verletzt werden, sind klärende Gespräche zentral, um wieder auf den Weg der gemeinsamen Reise zurückzufinden. Wichtig für die Gestaltung dieser Gespräche ist, dass beide Beteiligten genügend mentale und emotionale Kapazität für ein Konfliktgespräch haben. Um sich einander zuwenden zu können, müssen die Batterien von beiden Gesprächspartner:innen so gut wie möglich geladen sein. Deshalb kann es helfen, das Gespräch zu planen, sodass sich beide darauf vorbereiten können und Zeit haben, sich emotional zu regulieren. Im Gespräch geht es dann darum, einen gemeinsamen Weg zu entwickeln, wie die Verletzung heilen kann, sodass sie nicht immer wieder aufbricht. Was es für den Heilungsprozess braucht, weiss letztlich nur die betroffene Person. Für die Umsetzung sind dann wieder Beide verantwortlich.
Konflikte und Krisen sind belastend und fordern viel Kraft – zugleich bergen sie ein enormes Entwicklungspotenzial. Wenn Verletzungen heilen und Konflikte gemeinsam bewältigt werden, kann das die emotionale Intimität und Verbundenheit in der Beziehung nachhaltig vertiefen.
Paartherapie bei offener Beziehung – wann ist sie sinnvoll?
Schon für den Prozess der Beziehungsöffnung kann eine Paartherapie sinnvoll sein. Eine monogame Partnerschaft oder Ehe zu öffnen ist auf vielen Ebenen sehr anspruchsvoll. Da sind fast immer irgendwo unterschiedliche Werte, Haltungen und Vorstellungen von zwei Menschen, die aufeinandertreffen und vielleicht unvereinbar scheinen. Emotionen überfluten oder lähmen einen gar – trotz regelmässigem Austausch und einem wertschätzenden Umgang. Ausserdem können unbedachte Grenzverletzungen passieren, die in gewissen Momenten zu viel abverlangen, um in Verbindung bleiben zu können. Eine Paartherapie bei offener Beziehung kann genau hier unterstützen: dabei helfen, schwierige Gefühle zu sortieren, gemeinsame Regeln zu entwickeln und einen sicheren Raum für ehrliche Gespräche zu schaffen.
Eine professionelle Begleitung ist immer wohlwollend, geht in eurem Tempo und fokussiert auf die individuellen Bedürfnisse eurer besonderen Beziehung. Sie kann den Prozess strukturieren, Konflikte auffangen und die Entwicklung von Kommunikationskompetenzen fördern.
“Nichts ist so beständig wie der Wandel”. Auch in etablierten offenen Beziehungen können Differenzen auftauchen, die zu Zweit vielleicht unüberwindlich erscheinen. Da kann ein wertschätzender, vorurteilsfreier Blick von Aussen neue Impulse setzen und den Entwicklungsprozess wieder in Gang bringen. Offene Beziehungen bergen ein enormes Entwicklungspotential, das nicht selten durch Konflikte und Krisen ausgelöst wird.
Typische Herausforderungen in offenen Beziehungsmodellen
Oft passiert es, dass sich Zwei zwar einig sind, dass ihnen das Modell der offenen Beziehung entspricht, bei der Umsetzung können dann aber trotzdem Schwierigkeiten auftauchen, die manchmal unüberwindlich scheinen.
-
In vielen Beziehungen ist es eine grosse Herausforderung, die Regeln so zu gestalten, dass sie den Bedürfnissen beider Partnerpersonen entsprechen. Vielleicht möchte eine:r die Anzahl der Dates mit der gleichen Person eingrenzen, während die/der andere auf die Qualitäten einer längerfristigen Sexbeziehung hofft. Oder es besteht z.B. Uneinigkeit bezüglich den zeitlichen Kapazitäten. Wird die Zeit für Dates mit einer/einem potentiellen Sexpartner:in mit der Zeit für Freunde und sozialen Austausch zusammen oder separat berechnet? Jede Regel kann ihre Tücken und emotionalen Anteile haben, wenn der Eindruck entsteht, dass die Uneinigkeit euch in eurem gemeinsamen Beziehungsprojekt entzweit, anstatt einander näher zu bringen.
-
Ist Sex ohne Gefühle überhaupt möglich? Wer sich in das Abenteuer offene Beziehung hineinwagt, sieht sich irgendwann mit dieser Frage konfrontiert. Denn ja natürlich, sexuell zu sein löst immer auch Gefühle aus. Sex ohne Gefühle ist nicht möglich. Deshalb stellen sich einige Fragen: Welche Gefühle erhofft ihr euch vom Sex mit anderen? Welche Gefühle sind noch in Ordnung und welche könnten eine Gefahr für eure Beziehung sein? Und auch wenn diese Fragen geklärt sind, können wir unsere Gefühle nicht kontrollieren - so können sich Emotionen entwickeln, die wir nicht vorhergesehen haben, die unsere Beziehung bereichern oder auch verunsichern. Mit schwierigen Gefühlen umzugehen ist eine Herausforderung. Und was tun, wenn sich eine:r von Beiden vielleicht sogar verliebt?
-
Das eigene Modell der offenen Beziehung ist definiert und etabliert. Es herrscht Klarheit über die Strukturen, eine wertschätzende liebevolle Kommunikation und emotionale Nähe. Und dann stellt eine Veränderung alles auf den Kopf. Vielleicht ein Umzug und damit der Verlust eines lieb gewonnen sicheren Rückzugsorts oder eine neue berufliche Herausforderung, die Einfluss auf die wenige Paarzeit nimmt. Vielleicht eine Schwangerschaft und eigene Kinder oder eine Krankheit, die die Lebensqualität verändert. All das und noch viel mehr, können die bestehende Beziehungsgestaltung ins Wanken bringen, Uneinigkeit, Unsicherheit und Distanz zwischen zwei Menschen auslösen. Weil genau in der herausfordernden Zeit der Veränderung dann vielleicht auch noch die Klarheit und Sicherheit des selbst definierten Beziehungsmodells überdacht werden muss.
Hilfe von aussen: Was Paartherapie leisten kann
Der sichere Rahmen einer Paartherapie ermöglicht euch ungestört und begleitet durch eine professionelle Paartherapeut:in Beziehungsthemen anzusprechen. So kann eine Paartherapie zunächst Orientierung schaffen: Wo stehen wir in unserer Beziehung, welche Anliegen, Themen, Emotionen und Bedürfnisse beschäftigen uns gemeinsam und individuell. Wir bringen Ordnung ins Chaos und schaffen gemeinsam einen Überblick über eure Ziele und Wünsche für eure Beziehung.
In einer Paarberatung habt ihr Raum für die Bedürfnisse eurer Beziehung, eure Anliegen stehen im Zentrum, im Gespräch können sich neue Perspektiven entfalten und entsprechend werdet ihr unterstützt eure ganz persönlichen Lösungswege entstehen zu lassen. Das Therapie-Setting ermöglicht euch eine fruchtbare, konstruktive Arbeit an euren Kompetenzen in der Konfliktbewältigung und Kommunikation. Es trägt eure Emotionen und sorgt für eine transparente, sichere Struktur im Prozess.
Das Fachwissen aus der Sexualtherapie fliesst bei mir wo sinnvoll in die Paartherapie mit ein. So gestaltet sich Paartherapie mal im Gespräch, mal kreativ oder manchmal auch mit Körperarbeit (hands-off und bekleidet). So kann wieder Verbindung, Nähe und Sicherheit entstehen.
Offene Beziehungen bewusst gestalten
Eine offene Beziehung ist eine sehr individuell gestaltete Beziehungsform zwischen zwei Menschen, in der Sexualität nicht nur mit der einen Beziehungsperson gelebt, Liebe aber exklusiv dem einen Beziehungsmenschen vorbehalten ist. Entsprechend verändert sich die Bedeutung von Sexualität und andere Möglichkeiten, Liebe in einer Beziehung auszudrücken, sind notwendig. Entsprechend zentral sind Vertrauen und eine offene Kommunikation, über Emotionen, Bedürfnisse und Grenzen. Damit wird eine tiefe emotionale Verbundenheit, Nähe und Intimität auch ohne sexuelle Exklusivität möglich.
Auch sorgfältig geplante und wertschätzend, empathisch und transparent gelebte offene Beziehungen sind nicht vor Konflikten geschützt. Grenzverletzungen, Missverständnisse und schwierige Gefühle, wie Eifersucht, können Krisen auslösen.
Krisen sind schmerzhafte Vorboten von Entwicklung. Konflikte und Krisen bergen das Potenzial der Veränderung – hin zu einer erfüllten und bereichernden Beziehung. Diese Perspektive kann helfen, den eigenen Blick auf eine aktuelle Beziehungskrise zu erweitern und eröffnet euch vielleicht neue Möglichkeiten, wie ihr herausfordernde Situationen gemeinsam bewältigt.
Manche Krisen entstehen auch im Zusammenhang mit körperlichen oder sexuellen Themen, etwa wenn Fragen rund um den weiblichen Orgasmus oder Libidoverlust bei der Frau eine Rolle spielen. Diese Aspekte können emotionale Distanz verstärken oder Unsicherheit im Umgang miteinander auslösen – umso wichtiger ist ein offener und unterstützender Dialog.
Braucht ihr professionelle Unterstützung bei der Planung oder Gestaltung eurer offenen Beziehung? Fällt es euch schwer, das Potenzial der Veränderung zu entdecken? Gern bin ich eure professionelle Ansprechpartnerin zu all euren Fragen und Anliegen.